Trauben naschen bis einem übel wird, entspannt in der Sonne
arbeiten und den Tag mit einem Glas Wein ausklingen lassen – so stellen sich
viele die Weinernte vor… Ich habe für fast vier Wochen auf verschiedenen
Weinbergen in der Weinregion Waipara gearbeitet und kann aus eigener Erfahrung
sagen: das stimmt nicht. Jedenfalls nicht alles.
Nachdem ich bis nach Christchurch gereist war, war es für
mich wieder Zeit zu arbeiten. Ganz zufällig war das nicht – ich hatte schon
seit Januar die Zusage für einen Job auf einem Weinberg und somit die
Sicherheit mehr Geld als sonst vielleicht ausgeben zu können.
Die Weinernte in Waipara hat am 19. März begonnen. In dem
kleinsten, aber am schnellsten wachsenden Weinanbaugebiet Neuseelands, das
eigentlich wirklich nur ein kleines Tal ist, wird hauptsächlich Pinot Noir,
Riesling und Chardonnay angebaut. Und genau diese Trauben durfte ich auch
ernten.
Morgens ging es meist zwischen sieben und acht Uhr auf einen der fünf verschiedenen Weinberge, auf denen ich gearbeitet habe und dann ging es los mit der Ernte. Mit einer Schere, dem „Snipper“ bewaffnet und einer Plastikkiste in der Hand geht es dann so lange durch die Reihen bis es entweder dunkel wird oder der betreffende Bereich abgeerntet ist. Und das jeden Tag aufs Neue.
Warum ich unbedingt noch auf einem Weinberg arbeiten wollte,
bevor meine Zeit in Neuseeland vorbei ist? Nun, ich wollte es wenigstens einmal
erlebt haben. Als kleiner Bonus waren es dann wirklich glückliche Umstände
unter denen ich arbeiten konnte.
Den Job hatte ich über Facebook gefunden – eine Deutsche,
die einen Neuseeländer geheiratet hat und mit ihm einen Weinberg besitzt, hatte
nach 10 Backpackern gesucht, die auf ihrem und auf Weinbergen von Bekannten
arbeiten. Sie fungierte als Vermittlerin und gab Nachricht, auf welchem
Weinberg gearbeitet wurde.
Noch dazu konnten wir 10 alle gemeinsam auf dem Weinberg
leben. Wir hatten einen „Schuppen“ mit Küche, Dusche, Klo, Waschmaschine und
großem Esstisch und einigen Sesseln um den wir mit unseren Autos und Zelten
gecampt haben. Bezahlen mussten wir dafür, es war aber deutlich weniger als für
den Campingplatz im Dorf.
Ob mir der Job nun gefallen hat? Ich weiß es nicht. Nach
vier Wochen Traubenernte macht es keinen Spaß mehr, dann schmecken die
Weintrauben nicht mehr und man mag morgens nicht mehr früh aufstehen. Und
trotzdem war es wirklich ein Erlebnis! Außerdem war unsere Vineyard-WG wirklich
lustig, sodass die Zeit relativ schnell verflogen ist.
Zur Ernte selbst sollte noch erwähnt sein, dass sie in diesem
Jahr besonders schlecht war: viele Trauben waren gammelig oder trocken, weil
die warmen Winde, die sonst im Spätsommer durch das Tal wehen in diesem Jahr
ausgeblieben sind. Das Pflücken war also ziemlich mühsam und langwierig.
Das war nun definitiv mein letzter Job in Neuseeland, ab
jetzt werde ich nur noch reisen und entspannen und mich jeden morgen freuen,
nicht mit durchweichten Handschuhen, eiskalte Trauben abzuschnippeln, schwere
Kisten halb unter dem Netz kriechend hinter mir her zu ziehen und von der
Dunkelheit bis zur Dunkelheit zu arbeiten. Aber ich übertreibe – so schlimm ist
die Weinernte in Neuseeland gar nicht!
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